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Ignorances - Zur Konstruktion von Unwissen

am Beispiel weißer Rezeption afrikanischer Sexualitäten

Queere Ringvorlesung Frankfurt, 10. 11. 2015

 

 

Sehr geehrte Menschen innerhalb und außerhalb der dominanten Geschlechterkonstruktionen,
guten Abend.


Ich danke dem autonomen ASTA-Schwulenreferat, namentlich Laura Kaluza, Jule Hanna Holz und Pearl Hahn, für die freundliche Einladung und die Vorbereitung dieses Abends.


Mein Name ist Tsepo Andreas Bollwinkel Keele. Ich bin Schwarzer Südafrikaner im deutschen Exil; mein Volk ist die Sotho Nation. Im Brotberuf bin ich 1. Solo-Oboist der Lüneburger Symphoniker, betreibe also klassische Musik.

Als Aktivist habe ich mich zunächst ausschließlich für die Belange Schwarzer Menschen in Europa engagiert, was mehr bedeutet als den nervenaufreibenden Kampf gegen den allgegenwärtigen Rassismus hierzulande. Mich interessieren vielmehr Schwarze Identität, die Formulierung eigener Schwarzer und afrikazentrierter Politiken und Community Building hier in der Diaspora; meinen Ansatz dazu nenne ich Practical Black Consciousness.

Meine Organisation ist die ISD, die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland. Ich habe dort die Funktion eines Beirates inne. Zu meinen Aufgabengebieten dort gehört unter anderem die AG Black LGBTIQ*, manchmal auch AG Black & Queer genannt.

Weil jegliche nichtweiße Identität, also auch meine eigene Schwarze Identität, sich aus dem Konstrukt Weißsein herleitet, fand ich die Beschäftigung mit diesem Konstrukt und vor allem seine Dekonstruktion sinnvoll. Critical Whiteness ist ja gerade recht modern. Mir geht es darum, diese Schwarze (unterstrichen) Überlebenswissenschaft vor der Enteignung und der Verharmlosung durch eine weiße Academia zu verteidigen und die Schwarze Sicht auf Weißsein in den öffentlichen Diskurs zu bringen.

Und ich bin tatsächlich so optimistisch, dass ich im Gegensatz zu vielen Geschwistern noch daran glaube, dass es Sinn macht, mit weißen Menschen dieses Wissen zu teilen und gemeinsam mit ihnen an einer Aufhebung weißer Dominanzen und einer ideengeschichtlichen Neuordnung dieser Welt zu bauen. Sonst stünde ich nicht hier.

 


Außerdem bin ich -  in den Begrifflichkeiten des Globalen Nordens ausgedrückt - ein Trans*mann - mit ausdrücklichem Sternchen in der Mitte. Ein schwuler Trans*mann, um genau zu sein. Und ich bin mit einer weißen Frau verheiratet. Wir haben zwei Kinder.

In der Auseinandersetzung mit meinem eigenen Trans*sein, meiner sexuellen Orientierung und meiner Familienkonstellation habe ich mich schnell an den Konstruktionen von Geschlechtlichkeiten und Sexualitäten des Globalen Nordens gestoßen. Ich kann mich hier in Deutschland in den LGBTIQ* Kontext einordnen, aber als Angehöriger der südafrikanischen Sotho Nation funktioniert das nicht oder nur um den hohen Preis kultureller Entfremdung, den ich nicht zu zahlen bereit bin.

Also habe ich mich aufgemacht, Konzepte von Sexualitäten meines eigenen Volkes und seiner benachbarten Ethien zu erforschen. Dieses Interesse hat sich schnell räumlich auf den ganzen afrikanischen Kontinent ausgedehnt, insbesondere auf vorkoloniale Konzepte und Konstrukte. Und ich versuche, in meiner Arbeit zu beschreiben, wie die heutigen Realitäten und Konflikte meines Mutterkontinentes sich unter anderem aus dem unverbundenen und nicht freiwilligen Zusammenprall und der Parallelexistenz von Werten und Kategorien des afrikanischen Kontinentes und des Globalen Nordens herleiten.

Schnell wurde mir dabei deutlich, dass das hier im Globalen Norden darüber vorhandene Wissen so sehr unvollständig und verfälscht ist, so dass es korrekter mit dem Titel Unwissen benannt ist: Ignorance. In dem englischen Ignorance steckt übrigens nicht nur Unwissen als Gegensatz zu Wissen sondern auch der ausdrückliche Unwille zu wissen. Und genau deshalb erscheint mir dieser Begriff ausgesprochen treffend für das, was ich heute Abend zu beschreiben versuche.

Das, was ich zu weißem (Un-)wissen auf dem Gebiet afrikanischer Sexualitäten untersuchte, deckte sich mit einer meiner Grundthesen aus der Critical Whiteness, die so lautet:  "Weißsein ist ein unvollständiges und gefälschtes Bild von der Welt." Und dann bescheibe ich in der Critical Whiteness, dass die normative kulturelle, ökonomische und soziale Dominanz dieses unvollständigen und gefälschten Weltbildes gewaltvolle reale Folgen für alle Menschen hat. Gerade auf dem afrikanischen Kontinent sind diese Folgen tödlich.


MeineAnliegen heute Abend ist also, Ihnen mit den Mitteln kritischer Weißseinforschung wenigstens etwas Ahnung von der Konstruktion weißen Unwissens zu vermitteln. - In der Hoffnung, dass Sie danach zum einen ihr Ihnen vermeintlich selbstverständlich zu eigen seiendes Wissen kritisch hinterfragen und gegebenenfalls ihr Unwissen wahrnehmen, und dass Sie zum anderen hochmotiviert sind, neues Wissen, tatsächliche knowledge,  zu erwerben und zu verbreiten.

Dass Sie als Menschen im Globalen Norden sich endlich einer umfassenderen Kenntnis der Welt öffnen, ist eine Frage von globaler Gerechtigkeit. - Und es ist entscheidend für die Herstellung  der vollen Menschenwürde für alle Menschen. Das Ende Ihrer weißen  Bereitschaft zum Unwissen kann nämlich tatsächlich Menschenleben retten, darunter auch mein eigenes.


Bevor ich jetzt endlich zum Thema komme, erlauben Sie mir, einige Begrifflichkeiten für den heutigen Abend klarzustellen:

1.     Ich rede schon von Beginn an von Weißsein. Und obwohl ich mir da in der Wortwahl viel Mühe gebe, kann es sein, dass Sie das persönlich nehmen und hören: "Du weißer Mensch da" - oder, falls Sie selber nichtweiß sind: "Der weiße Mensch da neben mir. Und ich nicht." Und wenn Sie mich so hören, werden Sie meine Worte als Attacke verstehen und in Abwehrstellung gehen, eine Position, von der aus Sie nicht reflektieren können.

Also: Ich spreche von Weißsein als der dominanten weltweiten Machtstruktur, Weißsein, dem allgegenwärtig normgebenden 500jährigen Grundkonsens europäischer Geistesgeschichte, von Weißsein, diesem unsichtbaren aber gewaltigen Moloch mit seinen gräßlichen Kindern Kapitalismus, Kolonialismus, Rassismus, ökologischer Raubbau und Co, diesem Moloch, der alles bestimmt. Ich spreche von der white supremacy.

Und ja, falls sie weiß sind, hat das auch etwas mit Ihnen zu tun. Weil Sie den Nutzen aus den Privilegien des Weißseins ziehen. Weil Sie dringlich dazu aufgefordert sind, die Verantwortung für die von Ihren Vorfahren verübten Untaten zu übernehmen, ihre Geistesgeschichte kritisch zu überdenken und für deren Folgen gerade zu stehen. Weil Sie um Ihrer eigenen Würde als weißer Mensch willen das Konstrukt Weißsein dekonstruieren  und seine Macht brechen müssen.

Und nein, falls Sie ein nichtweißes Geschwister sind, können Sie sich jetzt nicht bequem zurück lehnen. Das Gift des Weißseins hat die ganze Menschheit durchtränkt, auch Sie und mich. Ihr Denken und meines sind ebenso geprägt von den rassifizierenden Ausgeburten der europäischen Moderne, auch wenn wir nicht zu ihren Nutznießern zählen. Um unserer Befreiung willen brauchen wir ein starkes Gegengift, z. B. Wissen.


2.    Ich verwende den Begriff Globaler Norden zur Beschreibung der weißen Welt. Einige sprechen auch von der 1. Welt; ich glaube, es ist verständlich, das mir das nicht gefällt. Andere benutzen Europa als Oberbegriff, was mir zu ungenau ist. Vergessen wir nicht, dass die USA und Russland ebenfalls Kolonialstaaten waren und bis heute kolonialistisch handeln. Gerade in afrikanischen Kontexten wird gern vom Westen gesprochen (was mir wahrscheinlich gelegentlich heraus rutschen wird), was aber auch die geographischen und machtpolitischen Realitäten nicht wirklich trifft. Deshalb der Begriff Globaler Norden.


3.     Der Untertitel dieser Vorlesung heißt "Zur Konstruktion von Unwissen am Beispiel weißer Rezeption afrikanischer Sexualitäten". Darin steckt eine gefährliche Pauschalisierung, nämlich die Vokalbel "afrikanisch".

Deshalb an dieser Stelle eine Klarstellung: Der afrikanische Kontinent bedeckt mehr als ein Fünftel der Landfläche unseres Planeten. Zum Vergleich: Er ist in etwa so groß wie Nordamerika und Europa zusammen. Mit 1,2 Milliarden Einwohnern ist auch die Einwohnerzahl so groß wie die von Nordamerika und Europa zusammen. 54 Nationalstaaten, 2500 Ethnien und Sprachen, verschiedenste Klimazonen, Religionen, Kulturen etc. ...

Nein, Afrika ist kein einheitlicher Raum. Und in dem Wort afrikanisch steckt daher eine eigentlich unzulässige Pauschalisierung. Eine Pauschalierung, die allerdings typisch ist für den weißen Blick auf den Kontinent - und damit ein Teil der Ignorances. Übrigens wird die Vokabel afrikanisch von weißer Seite ja auch gern pauschalierend auf alle Schwarzen Menschen egal welcher Heimat und Herkunft bezogen. Mit Folgen.  Jede Ignorance hat Folgen.

Ich verwende im Folgenden die Bezeichnung afrikanisch, weil ich mich mit der Konstruktion von weißem Unwissen über das, was im Globalen Norden als afrikanische Sexualitäten angesehen wird, auseinandersetzen will. Die unzulässige Pauschalisierung gehört zum Kern des Ärgernisses. Ich hoffe, sie geht Ihnen bald gehörig auf die Nerven ...


Und 4.     spreche ich sehr bewusst nicht von Sex oder Sexualität in der Einzahl. Es ist eine unzulässige Verkürzung, die vielzähligen verschiedenen Verständnisse von Sexualität in der Einzahl zu summieren. Das ist einer der grundlegenden Wahrnehmungs- und Verständnisfehler einer von Gedanken und Methoden des Globalen Nordens dominierten Sicht.

Sexualitäten konstruieren sich aus Lebensrealitäten, individuellen und kollektiven Erfahrungen, Identitätskonstrukten und Beziehungsgeflechten, wichtige Parameter sind Geschlecht, Rasse und Klasse. (Diese drei sind übrigens als Konstrukte ausgesprochen fragwürdig.) Dazu kommen Lebensalter, Familienkonstellation, Kultur, Religion, staatliche Regelungen, Einflüsse von außen wie Globalisierung, Kolonialismus, Medien usw. usf.

54 Staaten, 2500 Ethnien, 1,2 Milliarden Menschen: Von einer afrikanischen Sexualität zu sprechen ist schlicht absurd.

Und überhaupt: Können Sie Sexualität definieren?

Ist Sexualität ein physisch/anatomischer Akt zwischen ein, zwei oder mehr Menschen? Ist Sexualität an Emotionen wie Liebe, Begehren, Intimität gebunden? Oder ist Sexualität eine mehr oder weniger geregelte Form der Herstellung oder Aufrechterhaltung eines sozialen Gefüges inklusive biologischer Reproduktion?

Die Bedeutung, die für Sie Sexualität selbstverständlich hat, gilt wahrscheinlich schon nicht für den Menschen neben Ihnen. Um wieviel mehr unterscheiden sich die Deutungen von Sexualität, die im Globalen Norden als allgemeingültig erscheinen, von den Bedeutungen in anderen Weltregionen, also auch von den Sexualitäten Afrikas.


Ein Letztes noch: Die Begrifflichkeiten, die sich hinter dem Kürzel LGBTIQ*verbergen,  sind identitäre Konstrukte des Globalen Nordens. Diese Ideen sind relativ jung und selbst innerhalb des Globalen Nordens noch nicht durchgängig etabliert.

Nicht alle Menschen, die gleichgeschlechtlich begehren oder gegengeschlechtlich leben, tun dies innerhalb des LGBTIQ* Bezugssystems. Und dieses Bezugssystem ist nicht das einzige mögliche und existente für nicht heteronormativ und binärgegendert identifizierte Menschen. Deshalb werde ich im Weiteren gleichgeschlechtliches Begehren als Solches benennen und nicht als lesbisch oder schwul. Und anstelle von Trans*identitäten werde ich von Gegengeschlechtlichkeiten sprechen.



Die sehr lesenswerte nigerianische Autorin Oyeronke Oyewumi stellt fest:

"A hallmark of the modern era is the expansion of Europe and the establishment of Euro/American cultural hegemony throughout the world. Nowhere is this more profound than in the production of knowledge about human behavior, history, societies, and cultures. As a result, interests, concerns, predilections, neuroses, prejudices, social institutions and social categories of Euro/Americans have dominated the writing of human history. One effect of this Eurocentrism is the racialization of knowledge: Europe is represented as the source of knowledge and Europeans as knowers. ...   
This global context for knowledge production must be taken into account in our quest to comprehend African realities and indeed the human condition."

"The production of knowledge", die Herstellung von Wissen, darum soll es nun gehen.


Zu den Grundlagen des weißen/europäisch/westlich/nördlichen Weltverstehens gehört eine dualistische Weltsicht. Gut und böse, Gott und Welt, Mann und Frau, das Ich und das Andere.

Diese Dualitäten werden immer hierarchisch begriffen und spielen deshalb auch eine wesentliche Rolle in Konstruktionen von Macht und Dominanz. "Gott regiert die Welt", "Das Weib sei dem Manne untertan", "Machet Euch die Erde untertan"  und eben auch: Die weiße Rasse sei den anderen Menschen überlegen und zur Führung berufen.

Diese eine besondere Idee, die rassistische Konstruktion von Weißsein und seiner allumfassenden Überlegenheit, ist historisch gesehen relativ jung. Sie taucht auf als ideologische Unterfütterung des ungebremsten Expansionsstrebens europäischer Mächte, des Kolonialismus. Die vergangenen 500 Jahre europäischer Geistesgeschichte, vielleicht nach der weltweiten Expansion Europas genauer als die weiß-rassifiziert und - dominiert zu beschreibende Epoche, sind davon geprägt.

Für mich immer wieder faszinierend ist, dass es bei der Konstruktion von solchen Hierarchien keinerlei Kenntnis der betroffenen Gruppen bedarf.

Es funktioniert vielmehr so: Gewünschte, positiv angesehene Merkmale werden der eigenen Gruppe zugeordnet und zur Begründung von Machtansprüchen verwendet, unerwünschte, als negativ angesehene Eigenschaften werden dagegen auf eine außen stehende Gruppe projeziert - ohne jeden realen Bezug zu dieser Gruppe - und dann zur Legitimation des so geschaffenen hierarchischen Konstruktes benutzt.


Und so sieht dann die weiße rassistische Konstruktion aus:

Der weiße Mann (!) ist durch seine überlegene geistig/seelische Verfasstheit dazu berufen, die ihm naturgegeben unterlegenen nichtweißen Menschen zu führen, sich ihre Ressourcen zu Nutze zu machen und seine Dominanz weltweit durchzusetzen. Im weißen Prinzip steckt ein universaler Anspruch und der Glaube an eine universale, natürlich von der dominanten Gruppe definierte Wahrheit.

Die Mittel dazu variieren: War es früher die direkte kriegerische Eroberung, Versklavung und Entmenschlichung, nennt sich das heute globalisierter Warenstrom, Weltbankpolitik oder Antiterrorkampf.

Der Universalismus, gepaart mit Notwendigkeiten kapitalistischer Wirtschaftsweisen führte im Laufe der vergangenen 500 Jahre zu leichten Öffnungen im weiß/männlichen Dominanzgefüge: zumindest nominell für die weiße Frau, neuerdings sogar in Ansätzen für nicht heteronormativ lebende Menschen.

Nominell gelten die universalen Ideen des Weißseins auch für die gesamte Menschheit. So stellt es sich zumindest auf dem Papier der internationalen Menschenrechtskonventionen dar. Es lohnt sich übrigens ein Blick, wer denn diese Konventionen formuliert hat, wessen Agenda sich also darin wieder findet ...

Doch diese logische Folge der eigenen universalistischen Rhetorik findet ihre Grenzen in dem unbedingten Willen, die Privilegien des Globalen Nordens gegen die Ansprüche des Südens, der nichtweißen Welt zu verteidigen.

Tatsächliches Wissen ist hier von keinerlei Bedeutung; also ersetzt die Projektion jedes Wissen, reproduziert sich Unwissen von einer Generation zur nächsten weiter.

Und so gilt in der Praxis bis heute der paternalistische Duktus der Kolonialrhetorik eines Kipling, der die weitere Ausbeutung der Ressourcen dieser Welt rechtfertigt:

Take up the White Man’s burden           Ergreift des weißen Mannes Bürde
Send forth the best ye breed ...               schickt eure Besten her ...
On fluttered folk and wild                         um die Wilden zu verschrecken
Your new-caught, sullen peoples,         Eure neugefangenen verdrossenen Völker,
Half-devil and half-child.                         halb Teufel und halb Kind.

Hell vs. dunkel, edel vs. wild, zivilisiert vs. barbarisch, rein vs. schmutzig, das sind die Dualitäten, die das weiße Bild vom "schwarzen Kontinent" bestimmen, Dualitäten, deren Hierarchie offensichtlich ist.


Was kann besser zur Aufrechterhaltung von Hierachien und Dominanzen dienen als Unwissen und Projektion zu Sexualitäten?

Und so ist die Produktion von Unwissen zu afrikanischen Sexualitäten von Anbeginn mit der Kolonialisierung verknüpft. Der räuberischen Eroberer, Forscher und Missionare lieferten einem begierigen europäischen Publikum schillernde Erzählungen zu angeblichen Sexualpraktiken, vielleicht am Besten zusammengefasst in dem Satz: "Sie treiben es wie die Tiere."

Schwarze afrikanische Körperlichkeiten und Sexualitäten werden zum zur Projektionsfläche weißer europäischer Phantasien in einem Europa, das seine extreme Körperfeindlichkeit und rigide Sexualmoral einerseits den kolonisierten "Wilden" aufzwingen wird (leider sehr erfolgreich) und andererseits seine verbotene Lust in andere Menschen und Kulturen hinein projeziert.

Die ersten Berichte zu afrikanischen Sexualitäten basieren nicht einmal auf Hörensagen sondern auf reiner Phantasie und Projektion. Auf dem so entstandenen Narrativ bauten dann zur Freude des Publikums die sog. Berichte der Eroberer und Missionare auf, daraus wieder wurde hehre (Un-)Wissenschaft. Und die reproduziert sich ungebrochen ...

Übrigens gibt es ein ebenso altes, hartnäckiges und wirkmächtiges Narrativ zur angeblichen Unfähigkeit zur Staatsbildung durch afrikanische Menschen.

"Your new-caught, sullen peoples,        Eure neugefangenen verdrossenen Völker,
Half-devil and half-child.                         halb Teufel und halb Kind."

"Halb Teufel und halb Kind", den Teufel gilt es zu zähmen, das Kind zu erziehen. Das ist die "Bürde des weißen Mannes".

Dazu zerschlagen die Kolonialmächte die vorhandenen (und funktionierenden) afrikanischen Staatsstrukturen und Kulturen, löschen deren Geschichte aus und zwingen die Menschen via Missionsschule ins christlich/puritanistische (Un-)Glück.

Das hat recht gut funktioniert. Eine Wiederherstellung vorkolonialer Strukturen auf dem afrikanischen Kontinent ist unmöglich, zuviel ist verloren. Die postkolonialen Staaten basieren in ihren Grenzen und Verfassungen auf dem kolonialen Unrecht.

Und nicht nur die Eliten sind von tief internalisiertem Rassismus geprägt. So sehr, dass auch auf dem afrikanischen Kontinent selbst die sexualisierte weiße Projektion zur Grundlage von (Un-)wissen geworden ist. Die Erziehung der "halben Teufel" ist gelungen.

Und falls doch mal ein "ganzer Teufel" zu Macht und Einfluss kommen sollte, gibt es ja die CIA ... (Lumumba, Sankara, Ghadafi ...)


Das koloniale Unwissen ist also Teil innerafrikanischer Realitäten geworden. Deshalb die Rigidität gegenüber gleichgeschlechtlich liebenden und gegengeschlechtlich lebenden Menschen.

Nein, gleichgeschlechtliches Begehren und gegengeschlechtliches Leben sind nicht "unafrican". Formen gleichgeschlechtlicher Sexualitäten und gegengeschlechtlicher Identitäten sind aus den allermeisten afrikanischen Kulturen belegt. Sie hatten andere Namen und andere Formen der Integration in die Gesamtgesellschaft als wir es von Europa kennen. Sie haben sich trotz der Kolonisierung in einigen kulturellen Nischen gehalten und zum Teil sogar weiterentwickelt.

Diese Sexualitäten waren bezeichnenderweise nie im Fokus weißer Wissenschaft. Seit etwa zwei Jahrzehnten ändert sich das langsam, ausgehend vor allem von Schwarzen, zumeist auch feministischen und/oder queeren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Wer lange genug sucht und fähig ist, viel Geld für die Lektüre zu bezahlen, wird inzwischen gute, interessante und auf hohem Reflektionsniveau erstellte Untersuchungen finden können.

Dieses zurückgewonnene tatsächliche Wissen über afrikanische Sexualitäten kann eines Tages eine befreiende Sprengkraft für den Kontinent entwickeln. Noch ist allerdings die Dressurwirkung kolonialer Bildung mächtiger, sind die Kräfte, die diese Dressur mit viel Geld anfeuern, stärker.

Gleichzeitig aber nehmen Menschen überall auf der Welt das universalistische Versprechen von Selbstbestimmung und Freiheit tatsächlich wörtlich und beziehen es auf sich selbst und ihre persönliche Identität. Für den afrikanischen Kontinent bedeutet das, dass die Idee von Sexualität und sexuellen Praktiken als ein Ausdruck individueller persönlicher Lebensgestaltung sich konflikthaft an den kollektiven Fesseln der kolonialen und postkolonialen Rigidität reibt.

Dies betrifft besonders Menschen, die sich im LGBTIQ* Spektrum identitär verorten. Nochmal: Nicht gleichgeschlechtliches Begehren oder gegengeschlechtliches Leben ist neu für die Gesellschaften des afrikanischen Kontinentes, neu sind aber das Label und der Anspruch auf eine gleichberechtigte individuelle Verwirklichung innerhalb der Gesellschaften.

Übrigens kann ich den letzten Absatz beinahe wörtlich auch auf Europa und den Globalen Norden beziehen: Nicht homosexuelles Lieben oder trans*geschlechtliches Leben sind neu für die Gesellschaften des Globalen Nordens, neu sind allerdings die Label und der Anspruch auf eine gleichberechtigte individuelle Verwirklichung innerhalb der Gesellschaften.


Solange ist der § 175 in Deutschland noch nicht abgeschafft, solange ist das TSG noch nicht in Kraft oder vielmehr gerade zugunsten Betroffener ausgesetzt, solange gibt es noch  keine eingetragenen Lebenspartnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare. Und ist der Widerstand gegen alle diese mühsam errungenen Erfolge queerer Menschen nicht innerhalb des Globalen Nordens erschreckend groß? Ich erwähne nur die "besorgten Bürger", die USamerikanische Tea Party oder die Verfolgung Homosexueller in Russland.

Nicht homosexuelles Lieben oder trans*geschlechtliches Leben sind neu für die Gesellschaften des Globalen Nordens, neu sind allerdings die Label und der Anspruch auf eine gleichberechtigte individuelle Verwirklichung innerhalb der Gesellschaften.

Und dito auf dem afrikanischen Kontinent. Umso spannender ist es, dass die Verfolgung gleichgeschlechtlich liebender und gegengeschlechtlich lebender Menschen auf dem afrikanischen Kontinent solche besondere Aufmerksamkeit im Globalen Norden findet.

Da treten auf einmal Menschen und Kräfte mit Vehemenz für Betroffene ein, die vor noch gar nicht langer Zeit in ihren Heimatkontinenten eine indifferente bis ablehnende Haltung dazu vertraten. Sind die alle frisch bekehrt? Ich denke nicht.

Ich denke vielmehr, dass sich hier eine neue Variante dominanten Herrschaftsverhaltens zeigt. Eine identitäre Konstruktion des Globalen Nordens stößt auf Widerstand im postkolonialen Süden: Das ist nicht hinnehmbar. Die Gruppe der LGBTIQ*identifizierten Menschen ist dabei ein symbolischer Spielball, übrigens nicht nur der Interessen und Projektionen des Globalen Nordens sondern ebenso der herrschenden Eliten im Süden.

Die Ignorance gegenüber afrikanischen Sexualitätskonzepten und -praxen, die Gleichsetzung eigener weißer Identitätskonstruktionen mit einem universalistischen Bild vom Menschen paart sich aufs Schlimmste mit internalisierten rassistischen Konzepten und postkolonialem Unwissen der Mächtigen Afrikas.

Und beide Seiten nutzen diesen relativ gesehen gesellschaftlich unbedeutenden Schauplatz zu vielerlei Scheingefechten. Da geht es vor allem um wirtschaftlichen Einfluss, aber auch um internationale Profilierung. Und innenpoltitisches Kapital schlagen ebenfalls beide Seiten daraus. Die einen als Bewahrer der Menschenrechte, die anderen als Hüter "afrikanischer Werte". Was für ein verlogenes Pack!
 
Die Opfer dieser Politiken dienen nur zur Illustration für Propaganda und Projektion. Als handelnde Subjekte interessieren sie nicht.


Ein Fallbeispiel:

Kennen Sie Malawi, haben Sie eine ungefähre Ahnung, wo sich Malawi befindet?

Malawi ist ein winziger afrikanischer Binnenstaat zwischen Tansania, Mosambique und Sambia, von der Fläche her etwa 1/3 so groß wie die Bundesrepublik, 14 Millionen Menschen leben dort. Es ist einer der ärmsten Staaten der Welt. Und fernab der internationalen Aufmerksamkeit.

Im Mai 2010 änderte sich dies drastisch. Hier in Auszügen ein Bericht der TAZ:

"Homoehe in Malawi: Verlobung führt zu Haftstrafe
Nachdem Steven Monjeza und Tiwonge Chimbalanga sich verlobt hatten, nahm sie die Polizei fest. Beiden drohen bis zu 14 Jahre Haft, da in Malawi Homesexualität verboten ist.
Für Afrika ist es unerhört, für Europa auch, aber aus entgegengesetzten Gründen. Dass in Malawi zwei Schwule hinter Gittern sitzen, weil sie sich öffentlich verlobten, erregt viele Afrikaner wegen der zur Schau gestellten Homosexualität und viele Europäer wegen ihrer Kriminalisierung.
Als den beiden bei einer richterlichen Anhörung am 4. Januar die Freilassung auf Kaution verweigert wurde, laut Haftrichter zu ihrer eigenen Sicherheit, wurde der Fall auch international wahrgenommen. Amnesty International fordert Freiheit für die beiden Malawier. Am Donnerstag wurde bekannt, dass drei malawische Menschenrechtsaktivisten des Centre for the Development of People (CEDEP), die sich für die Homosexuellen eingesetzt hatten, ebenfalls festgenommen worden sind. Allerdings sind sie zunächst auf Kaution wieder frei. Einer soll wegen Verbreitung von Pornografie angeklagt werden, weil er Aufklärungsmaterial zur Aids-Prävention über "safe sex" bei sich hatte.
Dies sorgt nun auch in Malawi für Bestürzung. Zwar gilt Homosexualität weithin in Afrika als Tabu, und in Uganda liegt dem Parlament ein Gesetzentwurf vor, der Homosexualität mit lebenslanger Haft bestraft. Die Forderung nach einem offeneren Umgang mit Sexualpraktiken infolge der Ausbreitung von HIV/Aids hingegen ist inzwischen akzeptierter Bestandteil der politischen Diskussion. Daraus ergibt sich allmählich auch ein veränderter Blick auf Homosexualität.
Alle Beteiligten erklären den Vorfall indes für ein Missverständnis. Pfarrer Ami Nsewa, der die Verlobung durchführte, hielt den mit Lippenstift und Kleid aufgetretenen Tiwonge Chimbalanga für eine Frau; Chimbalanga selbst sagt auch, er sei weiblich; und Monjeza sagt, er war während der Feier betrunken und wolle nichts mehr wissen."

Soweit die TAZ.


Im Anschluss an dieses Geschehen stand Malawi plötzlich im Focus der Weltöffentlichkeit, genauer gesagt im Fokus weißer veröffentlichter Meinung und weißer Politiken.

Heerscharen von Mitarbeitenden von Hilfswerken fielen in das Land ein, Botschaften und diplomatische Netzwerke verfielen in hektische Betriebsamkeit, öffentliche weiße Empörung wurde produziert, Regierungen des Globalen Nordens reagierten mit der Drohung, die sog. Entwicklungshilfe zu sperren.

Ein Jahr später wurden die Gesetze zur Verfolgung gleichgeschlechtlich liebender Männer in Malawi ausgesetzt. Entsprechende Gesetze gegen gleichgeschlechtlich liebende Frauen hat es nie gegeben, eine Rechtsprechung zum Thema gegengeschlechtliches Leben auch nicht.


Hat die massive Einmischung des Globalen Nordens also tatsächlich positive Folgen? Ich behaupte nein, weil sie unter den Voraussetzungen weißer Ignorance erfolgt ist.

Ich komme auf den Bericht der TAZ zurück.

"Für Afrika ist es unerhört, für Europa auch, aber aus entgegengesetzten Gründen. Dass in Malawi zwei Schwule hinter Gittern sitzen, weil sie sich öffentlich verlobten, erregt viele Afrikaner wegen der zur Schau gestellten Homosexualität und viele Europäer wegen ihrer Kriminalisierung."


Während die TAZ, wie die meisten anderen Medien auch, die Trans*geschlechtlichkeit des einen betroffenen Menschen ignoriert, was die Menschenrechte dieser Person massiv verletzt, konstruiert sie als Grundlage ihres Artikels eines Gegensatz: den zwischen Afrikanern und Europäern, wobei im Subtext sehr klar ist, wer hier als normal, fortschrittlich, aufgeklärt charakterisiert wird und wer dagegen als Hinterwäldler auftritt.

Wie viele andere weiße Quellen auch konstruiert die TAZ dann einen Zusammenhang zwischen Homosexualität und HIV auf dem afrikanischen Kontinent. Dieser Zusammenhang ist falsch. In den Bevölkerungen Afrikas betrifft HIV alle Gruppen und ausgeübten Sexualitäten gleichermaßen. Hier wird von Problematiken des Globalen Norden ausgehend analogisiert ohne Blick auf die Fakten.
Hier ist noch einmal der für mich skandalöseste Teil des Berichtes:


"Alle Beteiligten erklären den Vorfall indes für ein Missverständnis. Pfarrer Ami Nsewa, der die Verlobung durchführte, hielt den mit Lippenstift und Kleid aufgetretenen Tiwonge Chimbalanga für eine Frau; Chimbalanga selbst sagt auch, er sei weiblich; und Monjeza sagt, er war während der Feier betrunken und wolle nichts mehr wissen."

Ich übersetze das mal ins Umgangsdeutsch: "Diese Typen da im hintersten Afrika sind komplette Vollidioten: ein Pfarrer, der Männlein und Weiblein nicht unterscheiden kann, ein Mann, der behauptet eine Frau zu sein und ein Säufer im Delir. Was für ein primitives Gesocks. Und kein Wunder, dass die da nichts auf die Reihe kriegen. Klar, dass wir denen sagen müssen, wo's längs geht."

Das ist das weiße Herrschafts(un-)wissen über afrikanische Menschen: komplette Ignorance. Ein Unwissen, das aus der selbsterteilten Lizenz zur alleinigen Definitionmacht kommt. Ein Unwissen, dass seine Herkunft aus den Gründungsideologien des kolonialen Raubzeitalters nicht erkennt und verantwortet. Ein Unwissen, dass seine innewohnenden Hierachisierungen und deren Folgen nicht wahrnehmen will.

Dieses Unwissen und das daraus erwachsende Unheil kann erst enden, wenn ein radikaler Verzicht auf hierarchisierende Bewertungen von dominanter weißer Seite einen tatsächlichen Dialog auf Augenhöhe zwischen verschiedenen Akteuren überhaupt erst möglich macht.


Fragen, die nicht gestellt wurden, aber nötig sind in so einem Dialog:

Woher kommt der Druck auf die gleichgeschlechtlich liebenden Männer in Malawi?
Antwort: Vor allem durch die durch die Kolonisation an die Macht gebrachten christlichen Kirchen, deren öffentliche Stellung in Malawi besonders stark ist.


Woher kommen die Gesetze, die gegen angebliche Homosexuelle angewandt werden?
Antwort: Es sind die Gesetze des viktorianischen Englands, das Malawi kolonisierte, die zum Teil im Wortlaut bis heute Gültigkeit haben.

Welches Verständnis von Geschlechtsidentitäten und von Sexualitäten haben die Menschen in Malawi?
Was für eine Unterstützung brauchen von Diskriminierung betroffene Menschen in Malawi?
Gibt es vielleicht ganz andere Themen, die für die Menschen in Malawi von viel größerer Relevanz sind?
Was wäre für die malawische Gesellschaft eine respektvoller internationaler Diskurs auf Augenhöhe?

Aber weder Medien wie die TAZ noch die weiße internationale Gemeinschaft stellen Fragen. Schließlich kann sich hier mit einem schön anrüchigen und exotischen Thema eine erodierende Gesellschaft des Globalen Nordens in die liebgewordene Rolle des weißen Heilsbringers für die Wilden im fernen Afrika träumen.


Nur haben diese Phantasien Folgen für andere:

Eine Folge des Drucks von außen ist das Verstummen des gesellschaftlichen Diskurses innerhalb von Malawi. Die Regierung versucht einen schmerzhaften Spagat zwischen den offiziellen internationalen Gebern und ihren Forderungen zu LGBTIQ* Fragen und den inoffiziellen Supermächten wie z. B. amerikanisch finanzierten evangelikalen Kirchen und ihrer erzreaktionären Politiken.

Eine Form, diesen Spagat zu leisten, ist das Silencing der Zivilbevölkerung; was nicht nach außen dringt, tut keinem weh. Außer den Menschen Malawis selber und der zivilgesellschaftlichen und staatlichen Entwicklung des Landes.

Übrigens: Tiwonge Chimbalanga und Steven Monjeza sind nicht verurteilt worden, können aber auch nicht als Paar zusammen leben. Ebensowenig kann Tiwonge Chimbalanga ihre Identität als Frau leben.

Und der weiße Medienzirkus zog einfach weiter nach Uganda, die Menschen in Malawi bleiben allein mit dem angerichteten Trümmerhaufen zurück.


Zusammenfassung:

Das Wissen des Globalen Nordens über afrikanische Sexualitäten beruht auf der Abspaltung eigener Phantasien und Praxen sowie deren Projektion in ein dämonisiertes Anderes, nämlich in die Bewohner des afrikanischen Kontinentes.

Es handelt sich nicht um ein Wissen sondern ein absichtsvolles Unwissen, eine Ignorance.

Der Ursprung dafür ist die Notwendigkeit, das koloniale und rassistische kapitalistische Unterwerfungsprojekt zu rechtfertigen.

Derzeit sind afrikanische Menschen, die sich im LGBTIQ*Spektrum identifizieren, die am meisten gefährdete Gruppe von Opfern dieses Unwissens.

Wenn Menschen des Globalen Nordens solidarisch mit dieser Opfergruppe sein wollen, bedeutet dies zunächst ihre Bereitschaft, ihre Ignorances abzulegen und sich stattdessen ein fundiertes nicht hierarchisch wertendes Weltwissen anzueignen. Ferner kann ein Dialog auf Augenhöhe nur durch Verzicht oder Weiterreichung von weißen Privilegien erreicht werden.

Ich fordere uns alle hier eindringlich auf, einen kritischen und reflektierten Blick auf den eigenen Wissenserwerb zu richten und überall dort, wo sich Ignorances auftun, ihnen einen aufrichtigen Erwerb von Knowledge entgegen zu stellen.


Vielen Dank.